Die Schrift des Todes. Historischer Kriminalroman by Christopher Sansom

Die Schrift des Todes. Historischer Kriminalroman by Christopher Sansom

Autor:Christopher Sansom [Sansom, Christopher]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783104034829
Herausgeber: FISCHER E-Books
veröffentlicht: 2015-11-26T05:00:00+00:00


Wir begaben uns in die Stadt, dann hinunter zum Fluss. Barak hatte sich einen alten Lederrock über das Hemd geworfen und einen zweiten für mich mitgebracht, den ich über dem Wams trug, als wir das Haus verließen. In der ärmlichen Gegend, in die wir uns begaben, taten wir gut daran, nicht allzu sehr aufzufallen. Greenings Mörder hatten das gewusst.

»Habt Ihr Gold im Beutel?«, fragte Barak.

»Ja. Und Silber.«

»Gold ist viel besser.«

Wir sagten wenig mehr, als wir die St Peter’s Street entlanggingen und in die Thames Street einbogen. Im Süden sah ich die Kräne an den Landungsstegen und dahinter den Fluss, weiß von Segeln. Im Westen ging die Sonne unter. Barak schritt stetig aus; er hatte sein ganzes Leben in der Innenstadt verbracht und kannte jede Straße und jede Gasse. Vor einer respektablen Schenke hielt er inne. Sie stand an der Kreuzung zwischen der Thames Street und einer Gasse, die von schmalen, baufälligen Häusern gesäumt war und hinunter zum Fluss führte. Einige dieser Gebäude, die seit Jahrzehnten immer tiefer in den Themseschlamm einsanken, neigten sich in wunderlicher Weise nach allen Seiten. Ein Stück weit die Straße hinunter gewahrte ich über einer anderen Schenke, schäbiger als die erste, ein Schild, welches in Rot und Weiß das Georgskreuz darstellte: die Flagge, von der in dem Schreiben die Rede war.

»Needlepin Lane«, sagte Barak. »Fast nur schäbige Unterkünfte. Am besten, wir gehen in dieses Wirtshaus da und setzen uns ans Fenster.«

Im Schankraum herrschte geschäftiges Treiben, die meisten Gäste waren Ladenbetreiber und Handwerker, die nach Feierabend noch einen Becher trinken wollten. Barak holte uns zwei Humpen Bier, und wir setzten uns an einen Tisch, von dem aus wir die Straße im Blick hatten; die Läden standen weit offen an diesem heißen Abend und ließen den stickigen, staubigen Gestank der Stadt herein. Wir hatten uns kaum hingesetzt, als Barak wieder aufstand. Draußen ging ein stämmiger Mann in der roten Uniform der Londoner Konstabler vorüber, den Stab über der Schulter und die Laterne in der Hand. Später würde er durch die Gassen patrouillieren, um der Sperrstunde Nachdruck zu verleihen. »Euren Beutel. Schnell!«

Ich gab ihn ihm. Barak eilte hinaus, und ich sah ihn mit dem Konstabler mauscheln, die Köpfe dicht an dicht. Nach einer Weile wandte der Konstabler sich um, starrte mich einen Moment lang an, und ging dann weiter die Thames Street entlang. Barak kam wieder herein.

»So«, sagte er und rückte sich den Hocker zurecht. »Ich habe ihn geschmiert.«

»Ich habe kein Geld den Besitzer wechseln sehen.«

»Tja, er versteht sein Handwerk. Und ich ebenso. Ich sagte ihm, wir seien gestohlenem Schmuck auf der Spur und träfen im übernächsten Haus um Schlag neun einen Informanten. Er solle mit allen verfügbaren Männern dort anrücken, sobald ich ihn riefe, sagte ich.«

»Gut gemacht.« Niemand erledigte solche Aufgaben besser als er; Barak besaß in diesem Zusammenhang ein außerordentlich gutes Gespür.

»Ich fragte ihn, ob er wisse, wer dort wohne. Gelegentlich gingen ein paar Männer aus und ein, sagte er, das Haus stehe aber meist leer. Es handle sich wohl um eines der Häuser, in welchem sich irgendein Herr mit seinem Mädchen verlustiere.



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